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Genug pausiert!

Füße abtrocknen, Helm aufsetzen – weiter geht’s. Wir sind ja gerade mal in Klosterneuburg. Bis München haben wir noch ein paar Stationen vor uns. Wieselburg, Attnang und Pittenhart, um genau zu sein. Jetzt geht’s auch richtig in die Berge. Nein, stimmt nicht. Nur ins Alpenvorland. Die Alpenpässe heben wir uns fürs nächste Jahr auf. Anstrengend wird’s aber trotzdem. Jetzt kommen nämlich die Königsetappen: 113 (115 hatten wir schon, die waren aber – ihr erinnert euch – platt, platt, platt), 137 und 137 Kilometer. Mit bis zu 1.500 Höhenmetern. Immer schön in Wellen, damit’s nicht langweilig wird.

Von Klosterneuburg nach Wieselburg. Neu im Wilde-13-Team: zwei 13-jährige Jungs (im Gegenzug haben wir die Highspeed-Männer an den Qatar-ICE ausgeliehen). Der eine kriegt auf der Wiese fix das Rennrad von Papa fit gemacht. Der andere hat ein tonnenschweres Mountainbike dabei. „Anja und Dori, ihr passt auf die beiden auf, ja? Macht klare Ansagen, ihr seid die Chefs. Wenn sie es bis zum Verpflegungspunkt schaffen, bin ich stolz. Wenn sie es bis zum Ziel schaffen, krieg ich mich nicht mehr ein.“ So der Papa des einen (Junge Nummer 2 war der Freund vom Sohnemann. Muss man ja wissen.). Vorher aber: eine nahezu durchzechte Nacht mit Wein und Bier und eine nahezu schlaflose Nacht im Alle-Mann-Zelt bei überwältigendem Schnarchkonzert.

Rum-Rest

Nein, an der Rum-Vernichtung war ich nicht beteiligt. Ich weiß nur, wie es den Vernichtern am Tag danach ging …

Grüner Veltiner

Grüner Veltliner fehlt auf dem Bild. Glaube ich. Dabei wurde er extra für mich gekauft. Und zumindest wurde die erste Flasche an dem Abend auch geöffnet. Leer wurde sie auch, weil der Rum am anderen Tisch alle war.

Klosterneuburg-Bad

Mitten in der Nacht dringend auf Toilette zu müssen, war in Klosterneuburg keine gute Idee. Weit weg die guten Möglichkeiten, die nahen zu finster.

Dank Anja bekomme ich am nächsten Morgen zumindest einen Becher Kaffee. Der reicht aber nicht zum Wachwerden. Teamkollege Wolfgang geht komplett leer aus. Bei Kilometer 20: Boxenstopp. Nur für uns beide. Der Rest des Teams radelt weiter – wir würden sie ja ohnehin einholen. Einen Milchkaffee und einen Espresso später fühlen Wolfgang und ich uns in der Lage, die Aufholjagd zu starten. Erst mal ist das auch einfach: immer dem Donau-Ufer folgen. Dann geht es davon weg, irgendwelche Bundesstraßen lang – och nö! So macht eine Aufholjagd aber keinen Spaß. Huch, da ist ja ein anderes Team – Windschatten und Navi, alles in einem. Perfekt! Ruck, zuck sind wir wieder bei unserem Team. Kurz die Lage checken: Junge 1 fährt wie ein wild gewordenes Fohlen, Junge 2 kommt mit dem Mountainbike-Klopper niemals nach Wieselburg. Aber genau das ist das Ziel für diesen Tag: beide irgendwie über die 113 Kilometer bringen.

Fotostopp

“Dori, das sieht toll aus. Willst du ein Foto machen?” Alle brettern weiter, ich nestle das Phönchen aus der Trikottasche …

Fotostopp

Wenn wir schon den Donau-Radweg verlassen, dann aber bitte richtig …

Qatar-ICE

Der Qatar-ICE – wusch, weg war er.

Landschaft

Letzte Rast vor den Voralpen.

Verpflegungspunkt

Letzte Rast vor den Voralpen.

Am Verpflegungspunkt werden dann erst mal Pedale gewechselt und Sättel neu eingestellt – Wolfgang und Junge 2 tauschen Mountainbike gegen Rennrad. Junge 2 radelt ab diesem Zeitpunkt wie ein junger Gott, Wolfgang pumpt wie blöd die Berge rauf. Ach, und selbst bergab … Wir rollen, beugen uns tief über den Lenker, nehmen so viel Schwung wie möglich für den nächsten Anstieg – Wolfgang muss treten. An Kilometer 100 wartet das Papa-Mobil. Pauken und Trompeten, eine kalte Wasserdusche, stolze Worte: Die beiden Jungs haben die ersten 100 Radkilometer ihres Lebens bewältigt. Wir sind überwältigt. Die Jungs eher peinlich berührt.

Bei der Ankunft in Wieselburg bin ich fertig. Nicht wegen der Kilometer. Nicht wegen der Höhenmeter. Eher wegen der Verantwortung. Ich war Zirkus-Dompteuse. Jawollja! Meine Schreimuskeln sind jedenfalls heute noch ob des dauernden „Reeeechts!!!“-Gebrülls verknotet. Na gut, wir sind in Wieselburg angekommen. Keiner hat sich verletzt, Papa ist stolz und verkündet die frohe Botschaft direkt Nummer-2-Papa, die Jungs sind mindestens einen halben Meter gewachsen. Puh!

Von Wieselburg nach Attnang. Nach einer durchwachsenen Nacht (Schnarchkonzert in der Messehalle) komme ich tatsächlich wieder in den Genuss eines Morgenkaffees. Dafür vermisse ich meinen Helm. Und meine Handschuhe. Und meine Sonnenbrille. Das fällt mir natürlich erst kurz vor der Abfahrt auf. Die Sonnenbrille ist schnell gefunden. Im Seitenfach meiner Reisetasche, die natürlich schon im Lkw verladen ist. Helm und Handschuhe finde ich in irgendeinem Camper – mehr zufällig. Wann ich die da reingehauen habe? Ich habe nicht den leisesten Schimmer. Der erst in Bratislava reparierte Reifen fühlt sich übrigens auch schon wieder komisch an …

Ständchen in Wieselburg

Irgendwie bin ich froh, dass ich meinen Helm ewig gesucht habe. Sonst wäre mir das Spektakel entgangen.

Ständchen in Wieselburg

Die, die schon wach waren, hatten Spaß.

Ständchen in Wieselburg

Alle anderen sind spätestens jetzt aus den Schlafsäcken gepurzelt.

Auf den folgenden 137 Kilometern wünsche ich mir übrigens Hunderte Mal, dass der Reifen aufgibt. Die Sonne brennt erbarmungslos auf uns nieder, kein Lüftchen weht, die Berge lassen sich nicht von Zauberhand verschieben. Die einzige Trinkflasche, die ich noch habe – die andere habe ich irgendwo auf der Schotterpiste vom Komárom nach Bratislava verloren –, ist nach einer knappen Stunde fast leer. Doof nur, dass gerade Feiertag ist. Da kann die Fronleichnamsprozession im Wie-auch-immer-es-heißt-Dorf nichts mehr retten. Die Tankstelle auf unserer Strecke fährt an dem Tag wahrscheinlich den Monatsumsatz ein. Unterm Oberrohr eine Flasche Wasser, hinterm Sattel zwei Gatorade-Flaschen, im Rucksack eine Cola – ja, kann weitergehen.

Erstes Wow-Erlebnis: Steyr. Wie kann eine kleine Stadt nur so schön und bezaubernd sein? Kein Wunder, dass das Christkindl scheinbar um die Ecke wohnt. Zweites Wow-Erlebnis: die qualmenden Füße in den eiskalten Bach halten. Enns oder Steyr? Egal! Ein Doof-Erlebnis: die Füße aus dem kalten Wasser ziehen und wieder mit den ollen Radschuhen verpacken. Aber es muss ja weitergehen.

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Und das geht es auch. Hoch, runter, hoch, runter, hoch, runter. Mittlerweile sind die Polster meines Helms wie kleine Schwämme vollgesogen. Ich merke, wie der Schweiß irgendwie von meinen Wimpern auf meine Nase und von dort aufs Rad tropft. Blöde Sonne, blöde Berge. Schimpf, schimpf, schimpf. Zumindest in Gedanken. Für mehr habe ich echt keine Kraft.

Dann irgendwann Attnang. Und von dort aus wieder 137 Kilometer über Salzburg nach Pittenhart. Mit noch mehr Höhenmetern. In den frühen Morgenstunden prasselt Regen auf das Dach „unserer“ Tennishalle. Offensichtlich fühlt sich der Regen richtig wohl, denn er prasselt auch in den nächsten Stunden munter weiter. Plan B: Viele fahren mit dem Zug nach Salzburg und sparen sich so die ersten 70 Kilometer. Denn Bergauffahrten bei Regen mögen ja irgendwie noch gehen, die Abfahrten dürften saugefährlich werden.

Kurz hinter Salzburg steige ich mit meinen beiden 13-jährigen „Welpen“ in den Track ein. Einen Kilometer später fällt das GPS-Gerät runter und sagt: „Nö, ich mag nicht mehr.“ Ein paar Hundert Meter vor uns sichten wir eine größere Radtruppe. „Die holen wir uns, das sind GBIler“, sind quasi meine letzten Worte, bevor sich die Welpen mit spritzenden Reifen in Gang setzen und ich nur noch rufen kann: „Ich komme nach. Sagt bitte Bescheid!“ Glücklicherweise ist es ein Ägypten-Team und glücklicherweise mögen die Ägypter Fotos und halten nahezu an jedem Punkt an, der nur halbwegs nach toller Landschaft aussieht. Am Chiemsee dürfte es von mir Fotos geben, von denen ich noch keine Ahnung habe. Mit Brücke. Ohne Brücke. Über Wasser. An Wasser. Einzeln. Mit allen.

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Pittenhart also. Nie gehört, nie gesehen. Und trotzdem hätte es für mich kein unbekannter Fleck auf der Landkarte sein dürfen. Stellt euch also folgendes Szenario vor: Wir kommen in besagtem Dörfchen an. Dass da eine spezielle Wohlfühllounge mit Whirlpools und allem Zipp und Zapp für uns aufgebaut ist, war mehr oder weniger bekannt. Von Cocktails und riesengroßem Lagerfeuer war aber vorher nie die Rede … Komisch. Ach, wir teilen uns den Platz mit dem ganzen Dorf? Mitsommerfeier? Das muss jemandem ohne Raum- und Zeitgefühl doch mal gesagt werden! Ja, und dann erfahre ich quasi nebenbei, dass Joseph und Narumol direkt auf diesem Platz ihre Hochzeit gefeiert haben.

Für Ahnungslose: Das ist das Kultpaar aus „Bauer sucht Frau“. Einmal an der „falschen“ Stelle gesagt, dass die beiden mehr oder weniger Auslöser für Mädelsabende waren, schon sitze ich quasi beim Pittenharter Bürgermeister auf dem Schoß und fachsimple über besagtes Paar, das TV-Format und Fernsehen im Allgemeinen. Pittenhart ist nun jedenfalls kein leerer Landkartenfleck mehr und bleibt mir vor allem wegen der unfassbar hilfsbereiten (ohne sie hätten wir weder Unterkunft noch Grillgut gehabt – ein Hoch auf den Metzger des Ortes) und superlustigen Pittenharter in Erinnerung, die mit uns bis in den frühen Morgen das Lagerfeuer bewacht haben und scheinbar nie ins Bett gegangen sind. Denn als wir nach einem Mützchen Schlaf komplett verbeult aus den Schlafsäcken kriechen, haben sie die Tiere in den Ställen schon längst versorgt.

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Dori Rennsemmel

Sonntag, 12 Uhr: Los geht’s! Sieben Etappen mit insgesamt 770 Kilometern (ohne Verfahren, ohne Umwege) wollen bezwungen werden. Ziel Nummer eins ist Komárom. Dazwischen liegen 95 Kilometer und knapp 900 Höhenmeter. Die Muskeln kriegen jedenfalls nicht viel Zeit zum Warmwerden, denn ziemlich schnell geht es bergauf – erst ist es nur eine zwar lange, aber gemächliche Steigung. Dann kommen kurze knackige und lange heftige dazu. Die Abfahrten fühlen sich meistens nicht so richtig nach einer tollen Belohnung an. Denn am Ende geht es ja doch wieder hoch. Und immer, wenn man denkt, dass es hinter der nächsten Kurve nur bergab gehen kann, ist die Straße einer anderen Meinung und legt noch mal eine Schippe drauf. Aber irgendwann geht es wirklich abwärts und die erste Etappe ist geschafft.

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15 Kilometer Schotterpiste hält der zweite Tourtag (115 Kilometer insgesamt) gleich zu Beginn für uns bereit. Landschaft? Donau? Dafür habe ich keinen Blick. Sturer Blick nach unten. Volle Konzentration aufs Geröll. Und durch den Kopf hämmern in Endlosschleife die Gedanken: Hoffentlich rutsche ich nicht weg. Hoffentlich falle ich nicht um. Und hoffentlich halten die Reifen!!! Ein kleines Wunder, dass all meine Wünsche erfüllt wurden. Körner hat diese Tortur trotzdem gekostet. Meine Arme fühlen sich danach kraftlos an und meine Hände sind von den Vibrationen fast taub. Kurz den Körper durchschütteln. Geht wieder.

12 Kilometer vor dem Verpflegungspunkt haut mir irgendein Blödian mit voller Wucht einen Hammer auf den Kopf. Oder in den Bauch. Die Beine scheint er auch getroffen zu haben. Ich! Brauche! Sofort! Energie! Dieses süße Gesöff in meiner Trinkflasche kann ich gerade aber weder sehen noch riechen oder schmecken. Selbstmotivation: „Ach, die paar Kilometer schaffst du noch.“ In den Windschatten hängen, Kraft sparen, tief durchatmen. Ankommen. In der einen Sekunde sind drei Bananen noch da – in der anderen schon weg. Wusch, eine halbe Stunde später ist wie von Zauberhand alles wieder gut. Donau zur Rechten, feinster Asphalt unter, tolle Teamkollegen vor und hinter mir. Das Herz hüpft vor Freude, die Beine kurbeln gleichmäßig und die Ohren haben Dauerbesuch, so glücklich bin ich. „Sag mal, was bist du denn für eine Rennsemmel geworden?!?“, sagt einer im Ziel zu mir. Die zweite Hälfte haben wir nach seiner Aussage nämlich im 29er-/30er-Schnitt abgespult. Ich glaube ihm einfach mal, weil’s so schön ist.

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91 Kilometer und 50 Höhenmeter kündigt das GPS für Tag drei an. Wahrscheinlich stimmt die Höhenmeterangabe sogar, denn die gesamte Strecke ist platt wie eine Flunder. Und man braucht weder ein besonderes Navigationstalent noch ein GPS-Gerät. Die Donau weist den Weg – erst bis Wien, dann bis Klosterneuburg. Von mir aus könnte es bis München so weitergehen. Wenn nur noch schnell jemand die Voralpen ein Stückchen wegschieben könnte … Mein ganz persönliches Highlight ist ein kleines Textinentreffen im Prater bei Manner-Schnitten und einem Wiener Melange.

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Letzte Meter

  • Das Rad in Perfektion zusammenfalten und abgeben: √
  • Ein kleines Köfferchen mit Radklamotten packen und ins Press Office schmuggeln: √
  • Nervös bei Rose anrufen, wo denn nur meine Notfalllieferung bleibt: √ (Sitzcreme, ihr wisst schon. Und dann gab’s da ja noch dieses tolle Trikot mit der passenden Hose.)
  • Mitflieger koordinieren: √
  • Wäsche waschen: √
  • Reiseunterlagen ausdrucken: √
  • Presse zu den ersten drei Stationen einladen: √
  • Auf den Laptop alles laden, was Beate und ich so brauchen: √ (Wir sind ja schließlich nicht nur zum Spaß bei der GBI.)

Ich gebe zu, ohne die Hilfe des Liebsten wäre diese Liste um die ersten vier Punkte ärmer. Deshalb: Ein dreifaches Hoch auf den allerbesten aller Männer!

  • Zweite Tasche packen: – (Wo ist eigentlich meine Packliste? Argh!)
  • To-do-Liste abarbeiten: – (Den Punkt halte ich bewusst kurz, sonst kriege ich noch mehr Deadline-Panik.)

Ja, eigentlich habe ich ja gar keine Zeit, aaaaber …

Ich freue mich doch so auf morgen!!! Denn in 24 Stunden bin ich schon am Flughafen, in 28 Stunden in Budapest. Da ist es mir fast egal, dass ich dort noch ein paar Buchstaben hin- und herschieben muss.

Zur Erinnerung:

  • To-do-Liste abarbeiten: –

Und ich freue mich, dass mein Spendenkonto wieder Sternchen hat. Ziel erreicht – und erneut übertroffen. Danke, danke, danke an alle, die mich unterstützt haben und mir die vielen Kilometer damit doch irgendwie versüßen. Wer noch ein paar Euros übrig hat, darf aber gern noch bis zum 13. Juni das virtuelle Sparschwein füllen. ;)

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GBI Germany – leider schon vorbei

30. April, 23 Uhr – Abfahrt von Düsseldorf

4. Mai, 23.30 Uhr – Ankunft in Düsseldorf

Dazwischen liegen vier Tage, die schöner nicht sein können. Auch ein bisschen anstrengend, aber sonst: einfach nur schön. Und heute kommt mir alles so leise und langweilig vor. Was mir fehlt? Mein Team, das Geschnatter und Gekicher, lautes Lachen, schöne Gespräche, die Anekdoten, die alle an den Etappenzielen zum Besten gaben, das Knarzen der Doppelstockbetten und ein klitzekleines bisschen auch das Geschnarche aus den Nebenzimmern … Irgendwie ist das Ende einer GBI wie nach der Klassenfahrt wieder im Klassenzimmer zu sitzen und blöde Matheaufgaben zu lösen.

Aber zurück zum Anfang. Das Wiedersehen am Düsseldorfer Hauptbahnhof hatte schon Klassentreffenflair – wenn man mal das Wegploppen der Bierverschlüsse ignoriert. Überpünktlich sind wir dann am 1. Mai in Stralsund angekommen. Kein Wunder. Alle anderen waren vom In-den-Mai-tanzen noch müde, die Autobahn gehörte uns allein. Räder zusammenbauen, Gruppenfoto – ab auf die erste Etappe. 81,4 Kilometer nach Verchen. Erster Fotostopp nach vielleicht fünf Kilometern. Ich MUSSTE ins Rapsfeld. Mittenrein. Egal, wie hoch. Egal, wie sperrig. Egal, wie gelb – auch auf den Klamotten. Pollen verschwinden. Spätestens beim Waschen. Und wenn nicht, ist es auch egal. Hüpfen musste ich trotzdem. Das Leid der Kleinen.

Die erste Etappe schon: ein Traum. Und zu diesem Zeitpunkt unvorstellbar, dass sie noch getoppt werden kann. Rapsfelder links und rechts, Wald- und Feldwege, auf denen ich dankbar bin, dass ich mich fürs Crossrad mit Mountainbike-Bereifung entschieden habe, weil ich sonst niemals in diesen Landschaftsgenuss gekommen wäre. In Verchen angekommen, direkt gelernt: liegt am Kummerower See, dem Handlungsplatz von „Die Heiden von Kummerow“, was ich irgendwann als Teenie mal gelesen habe. Geschlafen haben wir in einem als Kinder- und Jugendhotel umgebauten Kloster. In unserem 3er-Mädels-Maisonnette-Zimmer mit alten Fachwerkbalken hätten wir gut und gerne eine Nachtparty für alle veranstalten können.

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Die Tag-2-Etappe war mit am Ende um die 80 Kilometer zwar kurz, aber doch knackig. An Kilometerpunkt 10 mussten wir den Liebsten wegen Kreislaufproblemen in den Besenwagen setzen, nach 20 Kilometern erwischte es Eddie während einer Abfahrt – die Diagnose „Schultergelenksprengung“ haben wir zum Glück erst bei unserer Verabschiedung in Waren erfahren. Daneben kann ich mich nicht entscheiden, was ich schlimmer fand: die Anstiege, den Gegenwind, Temperaturen um die 12 Grad, den grauen Himmel, das Kopfsteinpflaster, die Anstiege mit Kopfsteinpflaster, Gegenwind und Temperaturen um die 12 Grad. Ich kann mich aber auch nicht entscheiden, was ich von all dem schöner fand. Plus Gegend. Plus Team.

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An Tag 3 wartete die Königsetappe auf uns. Laut Plan 111 Kilometer mit knapp 1.200 Höhenmetern. Mehr Kilometer werden es ja irgendwie immer – allein für herrlich wässriges Softeis hätte und habe ich Extrarunden gedreht. Die Höhenmeter sind mir ein Rätsel. Vielleicht verteilen sie sich einfach gut. Vielleicht habe ich sie nicht gemerkt. Vielleicht waren sie mir auch egal, weil die Strecke nur eins war: Hammer! Durch den Müritzer Nationalpark, durchs Havelland. Störche, die einfach so im Feld rumstehen. Kraniche, die nur für uns eine Ehrenrunde vom einen auf das andere Feld drehen. Und immer mit Wetter vom Feinsten. Wahrscheinlich habe ich mein Team in den Wahnsinn getrieben. Denn ich musste es immer wieder sagen: „Ist das schön hier!“

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Tag 4 – Schlussetappe. Ja, wie? Wir standen doch gerade erst am Hauptbahnhof … Menno, schon vorbei? Passend zu meiner Stimmung servierte der Wettergott dunkelgraue Wolken und eisige Temperaturen. Aber so eine Fahrt durchs Brandenburger Tor macht so ziemlich alles wieder wett. Da strömen Endorphine durch jede einzelne Zelle. Und man denkt: „Na gut, die Tour ist jetzt vorbei. Sch… aufs Frieren. Ich taue irgendwann wieder auf. Diese Truppe ist der Wahnsinn. Gut, dass bald Juni ist – und ich viele wiedersehe.“

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Nein, wir sind nichts bei den Oscars. Aber ich möchte trotzdem danken, weil man das gar nicht oft genug machen kann. Also: Ich danke von Herzen Dirk und Mario vom GBI Deutschland e. V. für die liebevolle Planung, Organisation und Begleitung der Tour. Ein riesengroßes Dankeschön an Mario von den Brandenbourg Cyclerz (da gibt es übrigens auch einen schönen Rückblick zu lesen), dem großartigsten Teamleader, den man sich nur wünschen kann. „Berlin zeigt Herz“ steht auf unserem Trikot – auch wahr, aber eigentlich müsste es „Mario zeigt Herz“ heißen. Ich weiß, du, lieber Mario, magst das weder hören noch lesen, guckst wahrscheinlich beim Lesen peinlich berührt in den Horizont, aber es ist nun mal so. Du hattest deine Augen und Ohren überall, hast geholfen und motiviert, uns die schönsten Ecken auf der Tour gezeigt – du warst der Edelstein in unserem ohnehin Goldteam. Mario, Katrin, Andreas, Ulrich und Ulrich, Wolfgang, Klaus und Eddie, könnt ihr nicht einfach zu mir ziehen? Holger gefällt’s hier …

Und unser Spendenziel von 10.000 Euro haben wir auch erreicht. Herz, was willst du mehr?

 

10 Stunden bis Abfahrt

Die Waschtrommel rotiert gerade noch auf Hochtouren (und natürlich werden die Klamotten bis zum Point of no Return niemals trocken). Die Finger rasen in Rekordgeschwindigkeit über die Tastatur, weil da ja noch dieses und jenes zu schreiben, verschicken, koordinieren ist. Vor dem Koffer türmen sich die Radklamotten für wirklich jeden Fall – jawoll, hier herrscht mal wieder Vorurlaubschaos.

Dabei bin ich nur vier Tage unterwegs. Aber so wie viele Leute zu Weihnachten oder Ostern die Supermärkte stürmen und einkaufen, agiere ich vorm Urlaub, als ob es kein Morgen gäbe: Der Schreibtisch soll möglichst leer sein (ein sinnloses Unterfangen), die Wohnung – wenn schon nicht porentief rein – zumindest katzensitterfein, der Koffer randvoll gepackt. Meine Nerven flattern so lange mit der Wäsche um die Wette …

Oh, nur noch knapp neun Stunden bis Abfahrt! Ich spute mich mal besser. Da ist ja noch diese Mitarbeiterzeitung, die ein Editorial braucht. Nur schnell das noch: Unsere GBI-Deutschland-Teams kann man über einen Tracker verfolgen. Aber erst ab morgen 10 Uhr. Immer schön nach den Brandenbourg Cyclerz gucken, gell?

Spinning für den Weltrekord

24 Stunden lang sollen circa 3.600 Teilnehmer auf Spinning-Bikes strampeln, damit am Ende ein Elektroauto mindestens 50 Kilometer zurücklegen kann. Das ist Ziel eines Weltrekordversuchs vom 23. bis 25. Mai im VW-Zentrum Oldenburg. Sollte das Vorhaben gelingen, gibt es einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde. Neben dem ganzen Weltrekordgedöns finde ich natürlich den Charity-Gedanken super: Der Erlös des Events kommt dem Kinderhospiz Löwenherz in Syke zugute.

Seit heute weiß ich definitiv: Ich bin dabei. Leider nicht – wie geplant, erhofft, gewünscht – mit einer eigenen Mannschaft (hatten alle Schiss inne Bux). Stattdessen bin ich im Team von Thorsten Meyer gelandet. Erst mal alles gut für mich. Aber eine kurze Google-Recherche hat ergeben, dass der Mann zwar einen Allerweltsnamen trägt, aber irgendwie doch nicht von dieser Welt ist. Denn als einer von sechs hat er schon mal einen Weltrekord erradelt. Nämlich 2007. Da hat sein Team in Oberhausen die bisherige Bestmarke auf 853 Kilometer verbessert. Mit einem Stundendurchschnitt von 36 Kilometern – halleluja! Ich darf dann mal kurz Angst haben, ja? Und gelobe feierlich, noch mehr zu trainieren.

 

Schloss Dyck und zuryck

So ein kleiner Trainingshauch nur einen Monat vor der GBI Deutschland wäre ja doch ziemlich gut. Wie kriegt man den Liebsten also aufs Rad? Man hält ihm als Neu-Classic-Daysianer eine Verlockungsmöhre vor die Nase und flüstert: „Komm, nur nach Schloss Dyck, sind doch nur insgesamt 50 und ein paar zerquetschte Kilometer!“ Natürlich immer wieder und auf mehrere Tage verteilt. Auch ein gelegentlicher Hinweis auf Schlauchersatz und eventuell notwendige Reparaturmaßnahmen – wehret den Ausredenanfängen – hat mich sicher nicht beliebt gemacht, war aber enorm hilfreich. Steter Tropfen und so.

Sonntag. Die Räder und wir waren ausfahrbereit und -willig. Nur: Die Frühlingsgötter haben (ab und zu) Sonnenschein, kuschelige Temperaturen und damit gefühlte Trilliarden Bummler, Trödelmarktbesucher, Radwegokkupierer und einen steigenden Brummelgrad des Liebsten als erhöhtes Schwierigkeitsniveau eingebaut. Flach und schnell kann schließlich jeder, dachten die sich wohl und rieben sich kichernd die Hände.

Pah! Nicht mit mir! Geduld und Ruhe – lächeln und winken. Und nebenbei: Meine Klingel und ich, wir sind ein Dream-Team. Wir bringen selbst „Wir verteilen uns trotz (oder wegen) der Klingel einfach über den ganzen Weg“-Teenies zu der Erkenntnis: „Die Frau ist gefährlicher als der Typ.“ Ha, genau!

Und das Ergebnis? Schloss Dyck ist auch ohne alte Autos davor ein Traum, der Bambus vom Miscanthus-Feld braucht dringend noch eine Grünzellenkur, ich habe mich geärgert, dass ich meine Kamera vergessen habe, der Liebste hat sich geärgert, dass ich am liebsten jeden Strauch (Frühling!!!) und Bauernhof (da war dieses Antikcafé – oder war es eine Mühle?) fotografiert hätte, trotzdem haben wir diesen Sonntagsausflug in vollen Zügen genossen. Eben doch und irgendwie ein Sonntag wie aus dem Bilderbuch.

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500 Euro – schaffen wir das?

In sieben Tagen durch vier Länder mit dem Rad: Wer kann da schon widerstehen? Klare Antwort: ich nicht! Mal abgesehen vom GBI-Virus, der mich im vergangenen Jahr voll erwischt hat, ist die Strecke viel zu reizvoll: Der Start ist in Budapest – da war ich noch nie. Jedenfalls noch nie so richtig, wenn ich die eine Nacht im Schlafsack im Hauptbahnhof auf der Rückreise von meinem Yeah-ich-habe-Abi-Monat in Bulgarien mal abziehe. Zwei Tage werde ich diese Stadt zu Fuß erkunden, bevor ich radelnd in alle Straßen und Gassen ein lautes „Viszontlátásra!“ rufe. Dann geht’s ganz grob über Bratislava, Wien und Salzburg nach München.

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Ich freue mich jetzt schon riiiieeeesig auf die ganzen kleinen und großen Abenteuer auf und an der Strecke. Freue mich auf alte und neue Gesichter (und sicher sind einige dabei, die ich erst bei der GBI Deutschland kennenlerne). Und darauf, Teil des GBI-Teams zu sein, denn zusammen mit meiner Freundin und Kollegin Beate habe ich die Öffentlichkeitsarbeit übernommen – vorher, dabei und danach. Mal abgesehen davon, dass zurzeit alle Telefon- und E-Mail-Leitungen glühen, weil wir Medien und Prominente als Partner und Botschafter suchen: Während der Tour und an den Etappenzielen ist garantiert niemand vor uns, unseren Kameras und unseren Diktiergeräten sicher.

Das alles machen wir ehrenamtlich. Das heißt für mich: Ich fahre wie im vergangenen Jahr für den guten Zweck und erneut für die Stiftung „RTL – wir helfen Kindern“. Jeden einzelnen Cent der Spendengelder der GBI Europe erhält das RTL-Kinderhaus in München (Kinder- und Jugendzentrum Kunterbunt; KUBU). Das liegt im Glockenbachviertel und wird vom Caritas-Verband betrieben. Neben Freizeitbeschäftigungen werden hier diverse Kurse und Mittagsbetreuung inklusive Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung für Grundschulkinder angeboten. Hierfür wurde das Projekt „Starke Kinder“ ins Leben gerufen, das sich an alle Grundschulkinder im Glockenbachviertel richtet – insbesondere aber an Kinder aus sozial benachteiligten Familien.

40.000 Euro der deutschen GBI-Teams sind als Spendenziel ausgerufen. Mein Beitrag dafür sollen mindestens 500 Euro sein. Schaffen wir das zusammen?

Frühlingstheater

Dass die Erde inwendig noch munter ist,
seh ich zu meiner Freude an den Schneeglöckchen und dem Krokus.
Die Schneeglöckchen,
ohne Furcht vor der grimmigsten Kälte,
spitzen fleißig nach oben.
Sie müssen sich tummeln,
dass sie fertig sind,
eh das Gesträuch überher Blätter kriegt
und ihnen die Sonne benimmt.
Das Frühlingstheater wäre also auch wieder mal eröffnet.

(Wilhelm Busch)

 

PS: Endlich, endlich habe ich Schneeglöckchen gesehen, auch wenn ich dafür bis hinter Mettmann radeln musste. Mehr kann ich über diese erste Open-Air-Tour 2014 gerade nicht schreiben, denn meine Hände tauen noch auf – die gefühlte Temperatur war doch wesentlich niedriger, als der Wetterbericht vollmundig angekündigt hatte.

Schneeglöckchen

Retrobus

Krokusmeer

Krokusblüte

GBI Europe, Klappe, die zweite

Budapest, Bratislava, Wien, München – sieben Tage, vier Länder. Und nur noch knapp vier Monate bis zum Startschuss der GBI Europe. Angemeldet bin ich natürlich schon, auf meinem Trikot werden also zwei Sterne leuchten. Flug nach und Hotel in Budapest sind seit gestern gebucht, bald geht auch das Spendensammeln los (Ich zähle auf euch, darf ich doch, oder?).

Die Streckenlängen variieren aktuell zwischen 650 und 950 Kilometern. Da kann sich auch noch einiges zum Guten oder Bösen verschieben, denn auf der geplanten Tour haben wir an vielen Orten noch keine Übernachtungsmöglichkeit gefunden. Also wenn hier jemand mitliest, der in Tulln, Amstetten, Vöcklabruck und Seebruck lebt oder dort jemanden kennt: Etwa 400 spendensammelnde Radverrückte suchen einen Platz zum Ausruhen und Schlafen. Ob Turnhalle, Fußballfeld oder Schwimmbadwiese ist dabei völlig egal.

Mitfahren kann man selbstverständlich auch – die Registrierung ist bis zum 31. März 2014 möglich.